Vergangenes Jahr war sie noch mit Michael Böhm unterwegs. Nun hat Doppelstaatsmeisterin Katrin Becker ins Cockpit von Chris Ingram gewechselt. Wir machten mit der Copilotin einen kurzen Karriererückblick und schauen voraus in die kommende Saison.

Es muss wie Arsch auf Eimer passen. Der beste Pilot und der beste Beifahrer können nicht gewinnen, wenn die Chemie nicht stimmt.“
4,5 Jahre lang waren Katrin Becker, eine der in Österreich erfolgreichsten Copilotinnen, und Rallyefahrer Michael Böhm, exakt dieses Arsch & Eimer-Team. Dreimal in Folge erlangten die beiden den 2 WD- und Staatsmeisterschaftstitel, letztes Jahr gewann Katrin auch die 4WD-Meisterschaft.

In der Saison 2016 gibt Katrin nun im Cockpit von Chris Ingram, einem der schnellsten Rallyepiloten Englands, den Ton an. Unter etwa 40 Beifahrern hat sich der talentierte junge 21-jährige Engländer aus Manchester für die talentierte junge („Danke für jung – für den Chris bin ich mit 35 schon eine alte Frau!“) Deutsche entschieden.

Seit Anfang April sind Katrin und Chris nun im Opel Adam R2 rasant unterwegs. (Termine siehe Artikelende)

© Christian Houdek

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Von Mädchenbeinen an

Der Rallyesport war für Katrin geradezu vorprogrammiert – immerhin jagte Papa Heinz Becker in den 60er und 70er Jahren seinen VW Käfer, mit dem er wochentags zur Arbeit fuhr, am Wochenende durchs Gelände. Katrin war bereits als 3-Jährige dabei und begann etwas später mit dem Kartfahren, bis sie selbst am Steuer saß, sich jedoch bald für die Laufbahn als Copilotin entschied. „Es war eine klare Vernunftentscheidung. Selbstfahren wäre zu teuer gewesen und strategisch betrachtet gehst Du, wenn du als Co gut bist, relativ schnell deinen Weg. Außerdem spreche ich gerne viel – und das musst du unbedingt als Beifahrer!“ erklärt Katrin.

Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass ich es so weit schaffe“, räumt die eloquente Blonde ein, die 2000 ihre erste Rallye fuhr und recht bald auf den Siegesstockerln stand.
2008 zog sie sich nach einem Unfall jedoch vorübergehend komplett aus der Rallyewelt zurückzog. Jetzt noch kriegt sie Gänsehaut, wenn sie sich daran erinnert. „Meine Fahrerin hat eine Ansage überhort oder ein Blackout, jedenfalls sind wir in einen Wasserkanal hineingestürzt und das Wasser stieg so schnell, dass ich echt Bedenken hatte, lebend aus dem Auto zu kommen. Die Verletzungen waren nicht schlimm, aber das Kopfkino …“ – Katrin hält kurz inne im Redestrom, was selten vorkommt – „das war grauenvoll. Du sitzt ja sehr tief im Auto, dazu der geschlossene Helm …

Die junge Frau brach alles ab, wollte sich ausschließlich auf ihren Job (damals noch Projektmanagerin) konzentrieren, was durchaus gut gelang. Bis sie im April 2009 beim TV-Zappen bei einer Rallyeübertragung hängenblieb: „Ein deutsches Team war grad im Bild, die Copilotin Kathi Wüstenhagen gab ein Interview, und ich hab plötzlich Rotz und Wasser geheult und gemerkt, wie sehr mir das fehlt …

Umsetzungsstark und zielstrebig wie Katrin ist, war sie kurz darauf als Zuschauerin wieder bei ihrer Heimrallye in Deutschland und saß 2010 erneut im Cockpit.

Ob sie jemals Angst gehabt hat?

Sie verneint: „Bis heute war der einzige Angstmoment jener, als wir bereits im Kanal waren. Denn wenn Du Angst hast, brauchst du gar nicht einsteigen. Respekt schon, es wäre ja vermessen zu behaupten, dass nie etwas passiert, das wissen wir alle. Und Überschläge, Crashs, Frontaleinschläge gehören leider einfach dazu.

© Christian Houdek

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Coolness angesagt

Womit wir bei den „Must Haves“ einer guten Copilotin sind: „Nerven wie Drahtseile!“ nennt Katrin spontan als erste Eigenschaft. „Vor allem in stressigen Situationen musst du die Ruhe bewahren und dem Fahrer immer das Gefühl geben, dass wir alles unter Kontrolle haben. Da sind mitunter psychologische Aufgaben zu lösen, immerhin verbringst du viel Zeit miteinander.

Ganze 4,5 Jahre waren es mit Michael Böhm, mit dem sie vergangenes Jahr u. a. nicht nur diesen historischen Titel („Ich bin die erste Copilotin in Österreich, die sowohl den Beifahrer 2WD- und 4WD-Titel in einem Jahr geholt hat, das gab es vorher noch nie. Michi selbst hat letztes Jahr „nur“ den 2WD Titel geholt.“) einfuhr, sondern von dem sie auch ihr größtes Kompliment als Copilotin erhielt.
Bei der Meisterfeier im Jänner, als schon klar war, dass ich ins Cockpit zu Chris wechsle, hat er gesagt, dass er ohne mich niemals da wäre, wo er jetzt ist und dass er einen seiner wichtigsten Menschen verliert. Das hat mir wirklich sehr berührt, wir haben ja wirklich alles miteinander erreicht.“

Nun also Chris

Weihnachten 2015 erhielt Katrin von einem deutschen Journalisten jene folgenintensive Nachricht via Facebook. Ob sie Interesse an einem jungen Fahrer aus England hätte.
Da zu dem Zeiptunkt nicht klar war, ob Michael Böhm sein Cockpit 2016 wieder haben würde, sagte Katrin zu, ihren Namen mit in die Auswahl reinbringen zu dürfen. „Das Kriterium war englische Pace Notes zu lesen, mehr wusste ich nicht.“ Vier Tage später kam eine Freundschaftsanfrage von Chris Ingram via Facebook…da war mir klar, dass es sich um ihn handelt und dachte: Der ist verdammt schnell, das wäre ein geiles Cockpit!

Die beiden begannen zu chatten, waren einander auf Anhieb sympathisch, doch Katrin wusste, dass sich noch andere Beifahrer (insgesamt 40, wie sie später erfuhr) für dieses Cockpit interessierten …

Doch Chris entschied sich nach einigen Tagen für Katrin, ein erstes Treffen wurde vereinbart und im Anschluss  das neue Team verkündet. Seither „fieberte“ Katrin geradezu dem Saisonstart entgegen. Die Copilotin über ihren neuen Piloten:  „Auf dem Papier ist er erst knapp über zwanzig, wirkt jedoch älter und ist hoch professionell. Er hat einen ganz klaren Masterplan für die kommenden fünf Jahre und ist sehr fokussiert. Er weiß, dass er sehr schnell ist, hat jedoch überhaupt keine Starallüren und ist sehr eng mit seiner Familie und Freundin verbunden.“

Den ersten Vorbereitungslauf hat Katrin mit Chris mittlerweile  großartig absolviert, ihre Saison könnt Ihr auf Ihrer Seite mitverfolgen.

Wir drücken die Daumen!

  • 8.4.– 9.4. ERC Circuit of Ireland
  • 20.5.–21.5. Sachsen Rallye (Lauf zur Deutschen Rallye Meisterschaft)
  • 3.6. –4.6. ERC Portugal Azoren
  • 24.–25.6. ERC Belgien Ypern
  • 16.7.–17.7. ERC Estland
  • 19.8.–21.8. WRC ADAC Rallye Deutschland
  • 26.8.–27.8. ERC Czech Barum Rallye
  • 17.9.–19.9. ERC Liepaja Rallye Lettland
  • 21.10.–22.10. ERC Rallye Du Valais Schweiz (evtl.)
  • 28.10.–30.10. WRC Wales Rallye

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