Popsch-Wackler, schweißnasse Hände, Bremswadel … dieser Jaguar Track Day & Land Rover Experience Day 2017 hat’s dank schneidiger Reportage von Gastautorin Lisa Katztriez und Fotograf Manfred Seidl saftig-kess in sich!

Text: Lisa Katztriez
Fotos: Manfred Seidl

Sie benötigen keinen Rennoverall und keine Rennschuhe“ steht in der Einladung – aha.
Gut zu wissen. Auch, dass „ein Helm vor Ort zur Verfügung gestellt wird“ … ???

Das kleine Schwarze lasse ich nach kurzer Überlegung auch gleich neben dem Overall im Kasten hängen, frau will ja nicht schon beim ersten Auftritt in der Autobranche sämtliche Munition verfeuern.

Als ich im Parkgarten des pipifeinen „Hotel Steirerschlössel“ vorfahre, werde ich schon von Dieter Platzer und Michael Ellies vom Jaguar Land Rover Team erwartet – Mädels, bei Jaguar sind nicht nur die Autos fesch – ob das mit dem kleinen Schwarzen die richtige Entscheidung war ? … ;-)

Haus und …

… Hauskatze

Einen Welcome Drink und eine kurze Präsentation später weiß ich nicht nur, dass sowohl Jaguar als auch Land Rover verkaufszahlentechnisch seit einigen Jahren kräftig Gas geben, sondern auch, dass das schwächste Auto, das ich am kommenden Vormittag fahren werde, schlanke 340 PS hat.
Meine diesbezüglichen Sorgen werden auf Nachfrage beim grandiosen Abendessen glaubhaft entkräftet: Es wird immer einen offiziellen Jaguar Pacemaker geben, der permanent ein Auge am Rückspiegel hat und das Tempo auf die Fahrkünste der ihm folgenden Journalisten abstimmt.
Keine Sorge also.

you better lock them up

Am folgenden Morgen werden aus den teilnehmenden Journalisten Zweierteams, die sich für den Rest des Tages jeweils ein Auto teilen sollen, gebildet. Bei Jaguar ist man, wie nicht anders erwartet, charmant und kultiviert, es gilt Damenwahl.
Ich entscheide mich für einen freundlichen, gütig lächelnden Herrn in leicht vorgerücktem Alter – dass er ehemaliger ARBÖ Steiermark Chef und als solcher vollgestopft mit Fahrsicherheitstrainings ist, steigert seine Attraktivität für mich noch einmal ungemein. Ein Vernünftiger, Gesetzter – nichts könnte ich an meinem ersten Trackday weniger gebrauchen als einen jungen, testosterongesteuerten Hitzkopf.
Ich bin in sicheren Händen.

inside the katzenkistl

Wir starten mit einigen Lockerungsübungen auf der Drift- und Schleuderstrecke. Während Walter das Hindernis mit ein paar gekonnten Lenkbewegungen auch mit ausgeschalteten elektronischen Helferleins perfekt meistert, beweise ich, dass bei vollständig falscher Reaktion selbst die ausgeklügelte Technik des F-Pace machtlos ist. „GEGENlenken bitte, Frau Katztriez“, meint der freundliche Herr Instruktor.
Was soll ich sagen? Recht hat er. Beim nächsten Versuch bleibt der F-Pace nach einem kurzen Popsch-Wackler brav in der Spur, wenn frau ihm auch nur ein bisschen dabei hilft – toll, was moderne Autotechnik alles kann …

Wir wechseln hinüber auf die Rennstrecke, wo das Bundesheer offensichtlich gerade die potenziellen Draken-Nachfolger testet. Ah, das war doch keine F-16 sondern ein F-Type SVR, der seine 575 Pferde unter Volllast durch die Zuschauertribünen drischt … interessanter Sound :-)

it’s a F-Type

Ich möchte mir das Prozedere auf einer Rennstrecke erst einmal in Ruhe vom Beifahrersitz aus anschauen und überlasse Kompagnon Walter die ersten Runden. Irgendwie verändert sich sein Ausdruck, nachdem er hinter dem Lenkrad des 340 PS starken XE S Platz genommen hat. Die Güte entschwindet aus seinem Blick und macht einer leicht entrückten Schmaläugigkeit Platz.
Hat er was?
Oder hab ich vielleicht doch wieder einmal nicht die richtige Partnerwahl getroffen?

„Oida, seid’s ihr vollkommen deppat???“

Der Instruktor im F-Pace vor uns lässt nach der Boxengasse den Motor aufheulen, Walter tritt das Gaspedal ebenfalls bis zur Bodenplatte durch. Die Autos beschleunigen, dass mir Hören und Sehen vergeht, und wir rasen mit ca. 200 km/h auf die erste Kurve zu.
VIIEEEL zu spät werden die Anker ausgeworfen und Walter reißt die Raubkatze quietschend um die Ecke. Ein äußerst undamenhaftes „Oida, seid’s ihr vollkommen deppat???“ presst sich mir ins Hirn, zum Aussprechen fehlt mir allerdings der Sauerstoff. Binnen Sekunden ist die linke Hand schweißnass, die rechte spüre ich nicht mehr, sie krallt sich krampfartig an den Türgriff. Die Autos im Rückspiegel werden von Kurve zu Kurve kleiner, der vormals gütige Herr Walter pickt mit einem eines Fahrsicherheitstrainers unwürdigen Miniabstand am Pace Car und murmelt irgendwas von „da könnt i schneller“ – ich glaub’s ihm aufs Wort und bin dankbar, dass Überholen des Instruktors strengstens verboten ist.

Nach drei Runden Fahrerwechsel.
Hände abtrocknen, Lenker-und Sitzposition einstellen, Hände abtrocknen, Spiegel einstellen, Hände abtrocknen.

Noch einmal kurz die Hände abgetrocknet und schon geht es los, ganz kleiner Bremstest – ja, die beißen WIRKLICH. Auch die Reifen sind heiß und pickig. Unwahrscheinlich, wie Kurvenfahren auch funktionieren kann, der XE S saugt sich an der Straße fest, die g-Kräfte sind ein Erlebnis – süchtig könnt’ frau werden.
Die Angst ist weg, das Vertrauen in das Auto schier unermesslich und die Sturzräume weit wie der Ozean – oisdan, hoppauf! Walter versorgt mich vom Nebensitz mit wertvollen Tipps („Wer später bremst, is länga schnöö“), die ich sofort in die Tat umzusetzen versuche. Auch „Digitales Leben. Es gibt nur Vollgas oder Leerlauf – und wer will schon Leerlauf ?“ ist nicht unbedingt die Art von Spruch, die frau von einem FahrSICHERHEITStrainer erwartet …

walter „wer_späta_bremst_is_länger_schnöö“

Der Kurvenspeed wird kontinuierlich höher, das Brems- und Kurvengequietsche und das Motorengebrüll immer lauter, die Autos im Rückspiegel kleiner und irgendwann sucht auch Walters Hand den Türgriff … Noch einmal ein bisschen später meint er, dass ein etwas früherer Bremspunkt vielleicht doch …, weil nämlich der Sicherheitsabstand … und so … – was los???
Kein Vertrauen ins High-Heel trainierte Lisa’sche Bremswadel???
Unbestätigten Meldungen zufolge befinden sich auch nach 8,6 Kilometern in einem 340 PS Jaguar am Red Bull Ring noch Spuren von Blut im Adrenalin, glauben kann ich das nur schwer.

Die drei Runden vergehen wie im Flug, glücklicherweise darf auch noch mit XF S und F-Pace gespielt werden. Die Entscheidung danach ist leicht – die Kinder sind schon groß, Mami wird den Zweisitzer nehmen, Papa darf, wenn er sich mal wieder blicken lässt, auf den Beifahrersitz.

Defender-Blick auf den Ring

Das Mittagessen sorgt für kurzzeitige Beruhigung, doch schon um 13:00 geht es weiter. Wir verabschieden uns schweren Herzens von der Rennstrecke und entern je vier Land Rover Discovery bzw. Defender. Diesmal soll das Gemüse unter die allradgetriebenen Räder genommen werden. Zum Eingewöhnen geht es auf das künstlich angelegte Spielberg-Testgelände.

hoch das Bein

Nachdem wir uns mit den Kraxlern halbwegs vertraut gemacht haben, verlassen wir den Spielplatz und begeben uns in die richtigen Berge. Der moderne Discovery wird mittels Luftfederung auf Kleingebirgshöhe gehoben und schwebt elektronisch gesteuert sänftengleich über unüberwindlich scheinende Hindernisse, allein fürs Ein- und Aussteigen braucht frau fast eine Strickleiter. Die in unserer Gruppe mitfahrenden Segelasse Roman Hagara und Hans Peter Steinacher vom Red Bull Extreme Sailing Team lernen, dass ihr Sponsorfahrzeug Land Rover Discovery deutlich mehr kann als „nur“ den Rennkatamaran zu ziehen, aber: sorry folks, no foiling on the mountain side!

Foilen kann der jugendliche Herr Walter zwar auch nicht, aber dafür kann er super dicke, schwere Discovery-Reifen kaputt machen – unser Auto ist außer Gefecht gesetzt und wir müssen uns eine Mitfahrgelegenheit in einem anderen Geländewagen suchen. Ich schaffe es allerdings nach kürzester Zeit, den Fahrersitz zu kapern und erfahre, dass der schon etwas in die Jahre gekommene Defender mit dem Discovery zwar in puncto Kletterfähigkeit mithalten kann, das Komfortlevel aber deutlich unterschiedlich ist. Sitzposition, Lenkung, Pedalarbeit – alles eher hard stuff, allerdings durchaus reizvoll-archaisch.

der Reifenkiller

Nachdem wir auf 1.700 Metern, am höchsten Punkt unserer Offroad-Reise, noch einen Schwammerlsuchstop eingelegt haben …

im Schwammerlsuchstau

… geht es im Kriechgang und durch einige wassergefüllte Gräben zurück in die vergleichsweise langweilige, weil asphaltversiegelte Ebene. Bei einer zünftigen Brettljause im Hofladen lassen wir den erlebnisreichen Tag ausklingen, während sich unsere acht Landys im letzten Sonnenlicht den Dreck abschütteln und sich für die nächsten Gäste der 4 WD Experience Tour in Spielberg ausruhen.